David Foenkinos – Die Frau im Musée d‘Orsay

Drama

„Die Frau im Musée d’Orsay“ von David Foenkinos ist große Kunst und ein Roman über verlorene Seelen. Wie gehen wir mit Schmerz, Verlust oder traumatischen Erlebnissen um? Jedes Individuum sicherlich unterschiedlich. Hier in diesem Roman zerstört es das Leben einer jungen Frau, zumindest zunächst. Protagonist ist allerdings ein Kunstprofessor, der plötzlich Abstand gewinnen möchte und weg will, ausbrechen möchte aus seinem bisherigem Leben. Statt Studierende zu unterrichten sitzt er bald in einem Museum als Wärter und achtet auf die Kunstwerke und die BesucherInnen. Er braucht eine Auszeit von seinem bisherigen Leben. Die Trennung von seiner Freundin spielt dabei eine Rolle, ebenso wie eine junge Studentin namens Camille. Ein wunderbarer Roman, todtraurig und melancholisch, aber gleichzeitig schön und lebensbejahend.

Inhalt

Völlig unerwartet kündigt Antoine Duris seine Professorenstelle an der Hochschule der Schönen Künste in Lyon und zieht mit nur einem Koffer nach Paris. Im Musée d’Orsay, wo die farbenfrohen Gemälde von Manet, Monet und Modigliani hängen, bewirbt er sich als Museumswärter. Doch warum flieht er Hals über Kopf aus seinem bisherigen Leben? Er verabschiedet sich zwar von seiner Familie und Freunden, doch einen Grund nennt er nicht. Nur seine Schwester sucht nach ihm, kommt ihm nahe, gibt sich nicht mit einer lapidaren Erklärung zufrieden. Keiner weiß, wie sehr ihn das Schicksal seiner hochbegabten, aber sehr stillen und zurückgezogen lebenden Studentin Camille mitgenommen hat. Erst als er Mathilde kennenlernt, findet Antoine einen Weg, sich der Freude, dem Genuss und der Liebe wieder hinzugeben. Camille ist die Frau, die ihn angestellt hat, den völlig überqualifizierten Professor, der im Museum sitzen möchte und beobachten will. In vier Phasen wird die Geschichte erzählt, die uns mitnimmt, die uns tangiert, uns die Schwäche der Menschen vor Augen führt. Eine Situation verändert alles für ein Mädchen, in der Folge für ihre Eltern und eben jenen Professor, der selbst just zu der Zeit von seiner Partnerin verlassen wird. Wie reagieren wir in beklemmenden Situationen, wie verarbeiten wir Traumata?

Kritik

Generell habe ich so meine Probleme mit dem Kern des Romans, vielmehr dem Ausgangspunkt, dem Verbrechen und seinen Folgen. Ein Ereignis, das einen Menschen völlig zerstört. Das kann sein und passt in diesem Roman wunderbar, der grossartig ist, gut geschrieben und voller Melancholie. Aber nicht alle Menschen gehen an einem tragischen Ereignis, einem Verbrechen zugrunde. Das allerdings habe ich in letzter Zeit zu häufig gelesen und gesehen. Es soll auch Frauen geben, die ein solches Traumata verarbeiten konnten und anschließend ein schönes Leben hatten. Die weitere Geschichte des Romans hingegen ist wie gesagt einfach imponierend, ein traurig-schönes Märchen. 

David Foenkinos, 1974 geboren, lebt als Schriftsteller und Drehbuchautor in Paris. Seit 2002 veröffentlicht er Romane, darunter den Millionenbestseller „Nathalie küsst“, der auch als Film mit Audrey Tautou das Publikum begeisterte. Seine Bücher werden in rund vierzig Sprachen übersetzt. Der vielfach ausgezeichnete Roman „Charlotte“ hat sich allein in Frankreich rund eine halbe Million Mal verkauft und wurde auch in Deutschland zum Bestseller. „Das geheime Leben des Monsieur Pick“ war in Frankreich monatelang auf der Bestsellerliste und kam 2019 in die Kinos, jetzt als Heimvideo erhältlich. „Die Frau im Musée d’Orsay“ (O: Vers la beauté) ist von Christian Kolb übersetzt worden. „Die Frau im Musée d‘Orsay“ hat 236 Seiten (plus Leseprobe) und ist am 9. Juni im Penguin Verlag als Taschenbuch erschienen.

Bewertung: 8/10 Punkten

Spannung: 2/4 – Action: 2/4 – Humor: 1/4 – Erotik: 1/4 – Anspruch: 3/4