Im Kino: Die Vergesslichkeit der Eichhörnchen

Demenz-Pflege-Dramödie

Mit „Die Vergesslichkeit der Eichhörnchen“ legen Nadine Heinze und Marc Dietschreit ein gefühlvolles Familiendrama mit hintergründigem Humor vor. Auf höchst unterhaltsame Weise ist hier nicht immer alles wie es scheint, nicht einmal die eigenen Vorurteile. Wer wir sind und wer wir waren ist eben nicht immer auf den ersten Blick erkennbar. Und wenn Wahrheiten auf den Tisch kommen, die bislang nicht ausgesprochen wurden, wenn Brüche und Verletzungen zu Tage treten, die unter der Oberfläche einer wohl jeden Familie schlummern – und die manchmal lieber vergessen sind –, dann ist das so traurig wie rührend, so schmerzhaft wie komisch. Im Mittelpunkt des Films steht Emilia Schüle („Narziss und Goldmund“, „Jugend ohne Gott“), die als Marija eine ganz neue schauspielerische Seite von sich zeigt und einen zauberhaften Eindruck hinterlässt. Als ihr Counterpart Curt begeistert Günther Maria Halmer („Enkel für Anfänger“) einmal mehr mit seiner Darstellung zwischen herber Schroffheit und liebenswürdigem Schalk. Komplettiert wird das durchweg großartige Ensemble durch Fabian Hinrichs („Sophie Scholl“) und Anna Stieblich („Türkisch für Anfänger“) als höchst ungleiches Geschwisterpaar Almut und Philipp.

Kinostart: Donnerstag, 22. Juli, Raschplatzkino

Inhalt

Um Geld für ihre Familie daheim in der Ukraine zu verdienen, kommt Marija (Emilia Schüle) nach Deutschland. In seiner alten Villa soll sie sich rund um die Uhr um den an Demenz erkrankten Curt (Günther Maria Halmer) kümmern. Landet aber im zwischenmenschlichen Minenfeld einer deutschen Familie – deren fragile Dynamik sie nun, ganz unfreiwillig, gehörig durcheinander bringt. Curts Tochter Almut (Anna Stieblich), die in den letzten Jahren für ihn gesorgt hat, fühlt sich von ihrem Vater nicht wertgeschätzt, ihr Kontrollwahn hält sie aber davon ab loszulassen. Curt wiederum beginnt, Marija für seine früh verstorbene Frau Marianne zu halten, und wähnt sich zunehmend in längst vergangenen Zeiten. Marija lässt sich auf das skurrile Spiel ein und wird für Curt immer mehr zu Marianne. Zurückversetzt in das Lebensgefühl der 70er Jahre entwickelt der alte Herr eine ganz neue, ungeahnte Lebensfreude – wäre da nicht auch eine tief vergrabene, schmerzliche Erinnerung. Als dann auch noch Almuts Bruder Philipp (Fabian Hinrichs) auftaucht, der bisher so wenig wie möglich mit Curt zu tun haben wollte, nun aber die Nähe zur bildhübschen Marija sucht, beginnen die Dinge komplett aus dem Ruder zu laufen.

Kritik

Am Samstag wird der Film im Raschplatzkino vorgestellt, abends um 20.30. Zu Gast ist dann Anna Stieblich und das Regie Team. Der Film zeigt die harten Arbeitszeiten und das Leben der meist osteuropäischen Pflegerinnen, die für das Geld ihre Familie, gar ihre Kinder allein lassen. Zum Glück muss die Bezahlung künftig wohl steigen nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts. Denn wie im Film schon gesagt wird: eigentlich liegt ihr Stundenlohn nur bei knapp zwei Euro. Das Demenzdrama ist gut gespielt, mit leichtem Humor. Die Familientragödie und Aufarbeitung derselben ist mitunter deutlich übertrieben.

Die Demenz-Familien-Dramödie „Die Vergesslichkeit der Eichhörnchen“ der RegisseurInnen Nadine Heinze und Marc Dietschreit dauert 110 Minuten, ist ab 12 Jahren freigegeben und wird von Filmwelt Verleihagentur veröffentlicht. Ein typisch deutsches Werk, das thematisch vollgestopft ist mit Demenz, Familientragödie, aktueller Pflegepolitik und der Akzeptanz von ausländischen Arbeitskräften sowie ihrer Wertschätzung. Zu guter Letzt noch der Rolle von Frau und Mann…

Bewertung: 7,7/10 Punkten

Spannung: 2/4 – Action: 2/4 – Humor: 2/4 – Erotik: 1/4 – Anspruch: 3/4