Im Kino: Fabian oder der Gang vor die Hunde

Kunstdrama

„Der Wind dreht sich“. Diese Worte, die gerade in den aktuell politisch aufgeladenen Zeiten immer wieder verwendet werden, finden sich im Abschiedsbrief des Jakob Fabian in Erich Kästners Roman „Fabian. Die Geschichte eines Moralisten“ aus dem Jahr 1931. Und obwohl Kästners Werk dieses Jahr sein 90-jähriges Jubiläum feierte: An Aktualität haben seine Worte erstaunlicherweise nicht verloren. Bereits 1980 ist das Stück verfilmt worden, nun mit Tom Schilling in „Fabian oder der Gang vor die Hunde“ in epochaler Länge von knapp 3 Stunden. Die Kernthemen, um die es geht, sind trotz unterschiedlicher Vorzeichen heute wie damals streitbar: Welche Rolle spielt die Moral im Leben? Was ist Moral überhaupt? Ist der eigene Idealismus die Konsequenzen wert, die er mit sich bringt? Und kann es überhaupt einen Sieg der Moralisten geben? Dass die trotz ihrer eleganten Ironie am Ende doch warnenden Worte Kästners nichts von ihrer Wirkung verloren haben, zeigt Dominik Grafs Neuverfilmung der Romanvorlage.

Kinostart: Donnerstag, 5. August, Hochhaus Lichtspiele

Inhalt

Berlin, 1931. Jakob Fabian (Tom Schilling) arbeitet tagsüber in der Werbeabteilung einer Zigarettenfabrik und driftet nachts mit seinem wohlhabenden Freund Labude (Albrecht Schuch) durch Kneipen, Bordelle und Künstlerateliers. Als Fabian die selbstbewusste Cornelia (Saskia Rosendahl) kennenlernt, gelingt es ihm für einen kurzen Moment seine pessimistische Grundhaltung abzulegen. Er verliebt sich und sie sich in ihn. Doch dann fällt auch er der großen Entlassungswelle zum Opfer, während Cornelia dank ihres Chefs und Verehrers Karriere als Schauspielerin macht. Ein Arrangement mit dem sich Fabian schwer abfinden kann. Aber nicht nur seine Welt gerät aus den Fugen. Wie kann er sich in der verändernden Welt durchsetzen? Von wegen: „Das Zeitalter der Menschenwürde bricht an“… Werden „Vernunft und Macht jemals heiraten“? Fabian liebt das Leben, nicht aber die Menschen, vor allem nicht die Mächtigen und diejenigen, die gerade das Land übernehmen könnten. Nur steht sich der junge Mann gerne selbst im Wege, statt an seiner Zukunft zu arbeiten.

Kritik

Es beginnt wie die 1920er Filme in letzter Zeit. Gelebte Opulenz, Freiheit und sexuelles Ausleben. Doch mit der Liebe und der Veränderung in der Gesellschaft wechselt die Atmosphäre. Geld, Arbeitslosigkeit und die Liebe, die Freiheit im Leben, die eingeschränkt wird. Tom Schilling („Werk ohne Autor“, „Saskia Rosendahl („Weissensee“) und Albrecht Schuch („Die Vermessung der Welt“ überzeugen in „Fabian“, der deutlich imposanter ist als der fast ebenso lange „Berlin Alexanderplatz“. Prädikat besonders wertvoll!

Die Literaturverfilmung „Fabian oder der Gang vor die Hunde“ von Regisseur Dominik Graf dauert 178 Minuten, ist ab 12 Jahren freigegeben und wird von DCM veröffentlicht. Ein typisch deutsches Werk, ein Remake, ein Film, fast so gut wie „Was nützt die Liebe in Gedanken“. Trotz der drei Stunden wird den ZuschauerInnen aufgrund der schnellen Bildwechsel und Spielereien, der Dramatik der Handlung nicht langweilig. Tom Schilling, Saskia Rosendahl, Albrecht Schuch und Meret Becker überzeugen in diesem Drama.

Bewertung: 7,9/10 Punkten

Spannung: 2/4 – Action: 2/4 – Humor: 2/4 – Erotik: 2/4 – Anspruch: 3/4