Im Kino: Nahschuss

Zeitgeschichte / DDR-Drama

Franziska Stünkels fesselndes Polit-Drama „Nahschuss“ wurde schon mit Preisen ausgezeichnet. Berührend und beklemmend zugleich erzählt die Regisseurin und Drehbuchautorin, wie politische Systeme menschliches Vertrauen bedingen und beleuchtet auf eindrucksvolle Weise ein Stück DDR-Geschichte. Mit „Nahschuss“ gelingt Filmemacherin und Fotokünstlerin Franziska Stünkel („Vineta“) ein eindringlicher Film über die Todesstrafe in der DDR. Angelehnt an das Leben des Dr. Werner Teske, der 1981 als letzter Mensch in der DDR zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde, erzählt sie in verstörenden Bildern die bestürzende Geschichte eines Mannes, der in die Mühlen eines Unrechtssystems gerät und daran zerbricht. Zu großen Teilen an Originalschauplätzen gedreht, inszeniert Stünkel mutig und radikal: Durch große Ruhe erzeugt sie eine Intensität und emotionale Dichte, die einem den Atem raubt. Dabei steht der Tiefe und Komplexität in dem starken Spiel von Lars Eidinger („Alle Anderen“, „Persischstunden“) die nuancierte und überzeugende Darstellung von Luise Heyer („Das schönste Paar“, „Fado“) und Devid Striesow („Ich bin dann mal weg“, „Yella“) in nichts nach.

Kinostart: Donnerstag, 12. August, Kino am Raschplatz

Inhalt

Der junge Franz Walter (Lars Eidinger) hat gerade an der Humboldt-Universität promoviert, als er ein attraktives Angebot vom Auslandsnachrichtendienst der DDR erhält. Geblendet von den vielen Vorzügen, die der neue Job mit sich bringt, nimmt Franz das Angebot an. Gemeinsam mit seiner Freundin Corina (Luise Heyer) genießt er zunächst das neue Leben. In seinem Vorgesetzten Dirk (Devid Striesow) findet Franz einen ihm wohlgesinnten Mentor, der ihm während der gemeinsamen Auslandseinsätze in der BRD mit Rat und Tat zur Seite steht. Zunächst scheinen Franz‘ Missionen lediglich dem Informationsbedarf der DDR zu dienen, doch dieser wird bald größer und monströser. Es geht nicht nur um einen Fußballspieler, der in den Westen gegangen ist. Als Franz bei seinen Arbeitsaufträgen plötzlich zu Mitteln greifen muss, die er nicht länger mit seinem Gewissen vereinbaren kann, entschließt er sich auszusteigen – doch der Geheimdienst will ihn nicht gehen lassen. Bald ist Franz bereit alle Grenzen zu überschreiten – und Alles zu riskieren. Franz‘ Überlebenskampf gegen ein erbarmungsloses System beginnt. Vor allem will er sich selbst retten.

Kritik

Lars Eidinger, wie wir ihn kennen. Offen und schonungslos präsentiert er seine Figur, einen Mann, der naiv seine neue Position einnimmt und letztlich an ihr zerbricht. Ein Wissenschaftler, dessen Leben sich durch die Stasi verändert, als Mitarbeiter entfremdet er sich, von seinen Freunden, seiner Freundin und schließlich sich selbst. 1981 war es, als der Mann, der die Vorlage zum Film bildete zum Tode verurteilt worden ist. Wofür? Ein Spion, der nie wirklich zum Spion geworden ist und nur Zweifel hatte, der nur vorhatte, gegen die Lügen des Regimes vorzugehen, Zeugnis abzulegen. Auch über seine eigene Schuld im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit. Ein tragisch-hartes Werk über eine Seele, die vom Staat zerstört worden ist.

Das historisch-politische Drama „Nahschuss“ von Regisseurin Franziska Stünkel dauert 112 Minuten, ist ab 12 Jahren freigegeben und wird von Alamode Film veröffentlicht. Ein Film über die Strukturen in der DDR, über Spitzel, ihre Vorteile und ihre moralischen Bedenken – ebenso über die letzte hingerichtete Person. Lars Eidinger und Luise Heyer dominieren das verstörende Drama, zeigen uns den Zwiespalt in den Menschen und die Unnachgiebigkeit eines Systems.

Bewertung: 8/10 Punkten

Spannung: 2/4 – Action: 2/4 – Humor: 1/4 – Erotik: 2/4 – Anspruch: 3/4