Ute Frevert – Kapitalismus, Märkte und Moral

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Sachbuch

Ute Frevert hat einen längeren Essay geschrieben über die Moral in unserer heutigen Wirtschaftswelt. Gibt es sie, ist sie notwendig und wer kann Moral definieren oder gar beeinflussen? In „Kapitalismus, Märkte und Moral“ zeigt sie die Geschichte des aktuellen Wirtschaftsmechanismus, des –systems auf. Wie hat sich der Kapitalismus entwickelt, wie hat sich die Welt verändert, geht es nur um Gewinnmaximierung auf allen Seiten? Welche Konsequenzen haben Handlungen und gibt es ein Sozialsystem, eine Gemeinschaft, die füreinander einstehen soll und muss? Gut bebildert mit Plakaten und Fotos aus den letzten Jahrhunderten veranschaulicht die Autorin die Entwicklung bis heute. Stichwortartig und kurz erklärend prägt sie das Bild unserer Gesellschaft, in der eine Kluft zwischen Armut und Reichtum klafft und immer größer wird. Besteht die Gefahr, dass sich das System überlebt, einem besseren weichen muss? Oder zunächst vereinfacht gefragt: Kann Kapitalismus moralisch sein?

Inhalt

Das kapitalistische Wirtschaftssystem hat mit Moral wenig oder nichts zu schaffen. Seinen Auswüchsen – Ausbeutung, Habgier, Spekulantentum – stehen ethische Werte wie Gerechtigkeit, Empathie, Solidarität gegenüber. Diese durchzusetzen ist Sache von Politik und Gesellschaft. Ute Frevert spannt den Bogen von Adam Smith und Karl Marx bis zu Papst Franziskus, von der Arbeiterbewegung über soziale Marktwirtschaft bis zu den Fridays-for-Future-Protesten. Sie zeigt, dass moralische Gefühle und kritisch-bewusster Konsum die politische Antriebskraft sind, die den Kapitalismus immer wieder herausfordert und transformieren kann. Doch ist das wirklich möglich, haben die Menschen die Chance und den Willen, etwas zu verändern? Auf die unterschiedlichen Ansichten der westlichen Länder geht die Autorin kaum ein, beschreibt aber schon das in den USA und Großbritannien vorherrschende Gefühl, dass das Individuum über dem Allgemeinwohl steht und erst anschließend der Markt es schon richten wird. Zu wünschen wäre, dass es anders läuft, dass der Staat bzw. die Staaten der Welt eine andere Ordnung vorgeben, in der Mensch und Natur in einer Art Gleichklang existieren, oder zumindest die Ausbeutung von Erde, Natur und Humankapital ein Ende fänden.

Kritik

So deutlich schreibt die Autorin das nicht. Lenkt die LeserInnen aber schon in die Richtung, dass es eine Veränderung in unserer Welt geben muss. Der Kapitalismus muss mindestens reformiert werden, moralischer werden. Ist das nur ein frommer Wunsch, oder kann jede/r einzelne von uns dazu beitragen? Druck auf die Verantwortlichen dieser Welt ausüben… Das Buch wendet sich in erster Linie an Interessierte, die sich kurz über den Ist-Zustand informieren wollen und eine mögliche Zukunft fürchten oder erhoffen.

Prof. Dr. Ute Frevert, geb. 1954, lehrte Neuere Geschichte in Berlin, Konstanz, Bielefeld und an der Yale University. Seit 2008 leitet sie den Forschungsbereich »Geschichte der Gefühle« am Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung. Sie wurde mit dem Leibniz-Preis ausgezeichnet und erhielt 2016 das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse. Zahlreiche Publikationen sind schon von ihr veröffentlicht worden. „Kapitalismus, Märkte und Moral“ hat 155 Seiten und ist im dtv Sachbuch am 23. Oktober 2020 erschienen.

Bewertung: 8/10 Punkten

Spannung: 2/4 – Action: 1/4 – Humor: 1/4 – Erotik: -/4 – Anspruch: 3/4