Kristine Bilkau – Halbinsel

Sozialstudie

Kristine Bilkau hat mit ihrem Debüt „Die Glücklichen“ ein Portrait einer heutigen Familie gezeichnet, mit all ihren Sorgen, Existenzängsten der Mittelschicht und den Problemen im partnerschaftlichen Leben, vor und nach der Geburt ihres ersten Kindes. Es folgte ihr zweiter Roman über eine Beziehung in den 1960er Jahren und das Ganze im Rückblick aus Sicht der Tochter beobachtet, die nur mit ihrer Mutter aufgewachsen ist und nun nach dem Tod ihrer Mutter wenigstens einmal ihren leiblichen Vater kennenlernen möchte. Im dritten Roman „Nebenan“ geht es um eine Nachbarschaft, ein verlassenes Haus, Beziehungen zwischen den Nachbarn und Freunden, die Verhältnisse innerhalb von Familien – das Abbild einer Gesellschaft im Kleinen, einer Kleinstadt in Norddeutschland. Jetzt gibt es den Roman „Halbinsel“, der bei der Leipziger Buchmesse schon einen Preis gewonnen hat.

Inhalt

Halbinsel von Kristine Bilkau

Eine Halbinsel im nordfriesischen Wattenmeer. Hier, an der Nordsee, lebt Annett, Ende vierzig, seit vielen Jahren, hier hat sie nach dem frühen Tod ihres Mannes ihre Tochter Linn allein großgezogen. Linn, Mitte zwanzig, ist nach dem Abitur voller Energie in die Welt gezogen, hat sich in schwedischen und rumänischen Wäldern als Umweltvolontärin engagiert, arbeitet für ein Aufforstungsprojekt, hat studiert und verdient gutes Geld. Für Annett ist ihre Tochter die Verkörperung von Hoffnung, Sinn und Zukunft. Doch auf einer Tagung, während eines Vortrags kippt Linn um, Kreislaufzusammenbruch, Erschöpfung. Annett holt sie für eine Woche zu sich nach Hause, ans Meer, nahe Husum. Aus einer werden zwei, dann drei Wochen, dann Monate. Zerrieben zwischen Leistungsdruck und Sinnsuche, scheint Linn mit Mitte Zwanzig an einem Nullpunkt, Burn-out, sie will Abstand nehmen, ein einfaches Leben führen?. Annett fühlt sich hilflos angesichts der Antriebslosigkeit ihrer Tochter. Mit der Zeit brechen Konflikte auf, zwischen Mutter und Tochter, aber auch zwischen zwei Generationen. Die eine muss die Lebenswirklichkeit der anderen neu verstehen lernen. Das kann gelingen und die Nachbarn können ihren Beitrag dazu liefern, die sozialen Kontakte.

Kritik

Es ist der vierte Roman von Kristine Bilkau, den ich lesen darf. Der erste war am besten. Dieser hier ist aber wieder nah dran, richtig richtig gut zu sein. Vielleicht hätte sie manchmal nicht zu viel zwischen den Zeilen weg lassen sollen, sondern aussprechen. Dennoch ist das ein tolles Buch, das Mutter-Tochter-Verhältnis, wie sie beide lernen, was das Leben für die parat halten kann. Beeindruckend. Welche Erwartungen setzen Eltern in ihre Kinder und inwieweit setzen sie sie damit unter Druck? Gibt dazu gerade einen imposanten Song von Ella Stern „Ella“.

Kristine Bilkau, 1974 geboren, war 2008 Finalistin des Literaturwettbewerbs Open Mike in Berlin und 2009 Stipendiatin der Autorenwerkstatt des Literarischen Colloquiums Berlin. 2010 erhielt sie das Stipendium des Künstlerdorfes Schöppingen und 2013 nahm sie an der Bayerischen Akademie des Schreibens des Literaturhauses München teil. Sie arbeitet als Journalistin für Frauen- und Wirtschaftsmagazine und lebt mit ihrer Familie in Hamburg. „Die Glücklichen“ war ihr erster, ziemlich guter und erfolgreicher Roman, es folgte „Eine Liebe, in Gedanken“ und „Nebenan“. „Halbinsel“ hat 222 Seiten und ist im Luchterhand Literaturverlag am 19. März erschienen.

Bewertung: 8/10 Punkten

Spannung: 2/4 – Action: 1/4 – Humor: 1/4 – Erotik: 1/4 – Anspruch: 3/4