Kristine Bilkau – Nebenan

Sozialstudie

Kristine Bilkau hat mit ihrem Debüt „Die Glücklichen“ ein Portrait einer heutigen Familie gezeichnet, mit all ihren Sorgen, Existenzängsten der Mittelschicht und den Problemen im partnerschaftlichen Leben, vor und nach der Geburt ihres ersten Kindes. Es folgte ihr zweiter Roman über eine Beziehung in den 1960er Jahren und das Ganze im Rückblick aus Sicht der Tochter beobachtet, die nur mit ihrer Mutter aufgewachsen ist und nun nach dem Tod ihrer Mutter wenigstens einmal ihren leiblichen Vater kennenlernen möchte. Im dritten Roman geht es um eine Nachbarschaft, ein verlassenes Haus, Beziehungen zwischen den Nachbarn und Freunden, die Verhältnisse innerhalb von Familien – das Abbild einer Gesellschaft im Kleinen, einer Kleinstadt in Norddeutschland. Der Roman ist schon im März erschienen, steht auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis, der am 17. Oktober verliehen wird.

Inhalt

Nebenan von Kristine Bilkau

Ein kleiner Ort am Nord-Ostsee-Kanal, zwischen Natur, Kreisstadt und Industrie, kurz nach dem Jahreswechsel. Mitten aus dem Alltag heraus verschwindet eine Familie spurlos. Das verlassene Haus wird zum gedanklichen Zentrum der Nachbarn: Julia, Ende dreißig, die sich vergeblich ein Kind wünscht, die mit ihrem Freund erst vor Kurzem aus der Großstadt hergezogen ist und einen kleinen Keramikladen mit Online-Shop betreibt. Astrid, Anfang sechzig, die seit Jahrzehnten eine Praxis in der nahen Kreisstadt führt und sich um die alt gewordene Tante sorgt. Als Ärztin möchte sie aufhören, mehr Zeit mit ihrem Mann verbringen. Und dann ist da das mysteriöse Kind, das im Garten der verschwundenen Familie auftaucht. Sie alle kreisen wie Fremde umeinander, scheinbar unbemerkt von den Nächsten, sie wollen Verbundenheit und ziehen sich doch ins Private zurück. Und sie alle haben Geheimnisse, Sehnsüchte und Ängste. Ihre Wege kreuzen sich, ihre Geschichten verbinden sich miteinander, denn sie suchen, wonach wir alle uns sehnen: Geborgenheit, Zugehörigkeit und Vertrautheit.

Kritik

Es ist der dritte Roman von Kristine Kilkau, den ich lesen darf. Der erste war am besten. Dieser hier ist schwierig, weil schlicht und einfach wenig passiert. Die LeserInnen müssen sich in die Situation hineinversetzen, müssen interpretieren und bestenfalls sich selbst erkennen, ihre Ängste und Befürchtungen, wie das Leben laufen wird. Mit wenigen sozialen Kontakten, eine inneren und äußeren Vereinsamung, wenn man Pech hat. Sinnbildlich steht dafür ein leeres Haus, die Familie ist einfach weg – niemand weiß wohin sie sind. Gut geschrieben, aber inhaltlich? Leider das einzige Buch von der Shortlist, das ich gelesen habe.

Kristine Bilkau, 1974 geboren, war 2008 Finalistin des Literaturwettbewerbs Open Mike in Berlin und 2009 Stipendiatin der Autorenwerkstatt des Literarischen Colloquiums Berlin. 2010 erhielt sie das Stipendium des Künstlerdorfes Schöppingen und 2013 nahm sie an der Bayerischen Akademie des Schreibens des Literaturhauses München teil. Sie arbeitet als Journalistin für Frauen- und Wirtschaftsmagazine und lebt mit ihrer Familie in Hamburg. „Die Glücklichen“ war ihr erster, ziemlich guter und erfolgreicher Roman, es folgte „Eine Liebe, in Gedanken“. „Nebenan“ hat 288 Seiten und ist im Luchterhand Literaturverlag am 8. März erschienen.

Bewertung: 7,8/10 Punkten

Spannung: 2/4 – Action: 1/4 – Humor: 1/4 – Erotik: 1/4 – Anspruch: 3/4