Sonne

(Jugend-)Drama

Die irakisch-österreichische Regisseurin Kurdwin Ayub hat in „Sonne“ (produziert von Regisseur Ulrich Seidl), den Finger am Puls der Zeit und den Fuß auf dem Gaspedal. Ihr wildes, energisches Gen-Z-Porträt ist eine kluge Abrechnung mit medialer Meinungskultur. Ein kraftvoller, entlarvender und empathischer Film – der Preis für den Besten Erstlingsfilm auf der Berlinale war Ayub dafür sicher. Eine Art dokumentarische Aufarbeitung, was Jugend, Religion und Gesellschaftsentwicklung bedeuten. Drei junge Mädchen, die ein kontroverse – zum Teil in arabischen Ländern verbotenes – Lied singen und sich dazu in Pose setzen. Ist das nur jugendlicher Leichtsinn und eine normale Handlung, oder hat das eine gewisse soziopolitische Brisanz? Was bedeutet es für die jungen Frauen, die sich ausleben wollen?

Inhalt

Eines Nachmittags unter besten Freundinnen: Yesmin, Nati und Bella legen „Losing My Religion“ von REM auf und schmeißen sich in eine sexy Tik-Tok-Pose – gehüllt in die Hijabs von Yesmins strenggläubiger Mutter. Das Video davon geht viral und wird zum Hit. Im Social-Media-Meinungsuniversum bricht die Hölle los. Gezielt-geglückte Provokation oder religiöser Affront? Jeder muss seinen Senf dazugeben. Für die drei Mädels folgt ein schneller Ruhm und Yesmins Vater erweist sich als findiger Agent, der den Mädels Auftritte als religiöses A-Capella-Trio auf kurdischen Familienfesten vermittelt. Nati und Bella stehen voll auf ihr neues Image als gläubige Sternchen im Scheinwerferlicht. Nur Yesmin, die einzige überzeugte Muslima, kann mit den öffentlichen Identitätsspielen wenig anfangen. Ihre plötzliche Präsenz auf Social Media erfordert eben auch, sich vor Fremden dafür zu rechtfertigen, wie man seine Religion auslebt. Nati und Bella sehen das alles naturgemäß nicht so eng, doch bei Yesmin hinterlassen die Reaktionen auf ihr Video Spuren: wann ist Religion Privatsache und wie wichtig ist ihr das Kopftuch wirklich? Die Freundschaft der drei Mädchen, aber auch der eigene Haussegen, stehen auf der Kippe.

Kritik

Ein Drama über Religion und den Umgang mit dem Islam anhand von drei jugendlichen Mädchen, die Social Media nutzen. Aus einer Spielerei wird ein viraler Hit, ein Stück das für Aufsehen sorgt. Ist das gewollt, was sagen die Verwandten, die Bekannten, die Öffentlichkeit? Muss das die Mädchen stören? Sie schlagen Profit aus ihrem Song – weswegen wir ihn sehr häufig hören dürfen. Faszinierend, ein Dokudrama, das mitreißt und bewegt.

In den Extras befinden sich der Trailer und Filmtipps.

Sonne: Ö 2022; Regie: Kurdwin Ayub; Darsteller: Melina Benli, Law Wallner, Maya Wopienka, Kerim Dogan, Omar Ayub; FSK: ab 12 Jahren; Dauer: 84 Minuten; Sprachen: Deutsch 5.1; Untertitel: ; Bild: 2,35:1 (16:9 Cinemascope); Vertrieb: ©Neue Visionen / Good Movies. Veröffentlichung Verkauf: 20. April 2023.

Bewertung: 7,8/10 Punkten

Spannung: 2/4 – Action: 2/4 – Humor: 2/4 – Erotik: 2/4 – Anspruch: 3/4