Sven Regener – Glitterschnitter

Sozialkomödie

Frank Lehmann ist der tragische Held der Romane von Sven Regener. Ob 1989 wie in seinem größten Erfolg „Herr Lehmann“, zwischendurch in anderen Romanen, oder jetzt in „Glitterschnitter“, der im Jahr 1980 spielt. Viel Lärm um Nichts, um es mit Shakespeare zu sagen. Denn im neuen Roman geht es schlicht um wenig, oder vielmehr das Leben im Allgemeinen. Zwei Bars oder Kneipen, die unterschiedlich gut laufen, pseudo-Österreicher, Michkaffee Ausschenker mit Rauchverbot – viele Charaktere, die wenig bis gar nichts zu sagen haben, aber das höchst amüsant und auf insgesamt immerhin 470 Seiten. Berlin, Musik und der Traum von einem anderen, einem besseren Leben, ein Konzert und vielleicht Erfolg?! Etliche gute Dialoge stehen der Belanglosigkeit der Handlung gegenüber, die sich in ein paar Sätzen zusammenfassen ließe. Das ist es worauf wir uns gerne einlassen.

Inhalt

Willkommen in der Welt von Glitterschnitter: Ein großer, wilder Roman über Liebe, Freundschaft, Verrat, Kunst und Wahn in einer seltsamen Stadt in einer seltsamen Zeit. Und über Musik. Die Lage ist prekär: Charlie, Ferdi und Raimund wollen mit Glitterschnitter den Weg zum Ruhm beschreiten, aber es braucht mehr als eine Bohrmaschine, ein Schlagzeug und einen Synthie, um auf die Wall City Noise zu kommen. Wiemer will, dass H. R. ein Bild malt, aber der will lieber eine Ikea-Musterwohnung in seinem Zimmer aufbauen. Frank Lehmann und Chrissie wollen die alte Trinkerstube Café Einfall zur kuchenbefeuerten Milchkaffeehölle umgestalten, aber Erwin, der Besitzer will lieber einen temporären Schwangerentreff etablieren. Chrissie will, dass Kerstin (ihre Mutter) endlich zurück nach Stuttgart geht, aber die muss erst noch Chrissies neuen Schrank an der Wand befestigen. Die Frage, ob Klaus zwei verschiedene Platzwunden oder zweimal dieselbe Platzwunde zugefügt wurde, ist noch nicht abschließend geklärt, aber bei den Berufsösterreichern der ArschArt-Galerie werden bereits schöne Traditionen aus der Zeit der 1. Ottakringer Shakespeare-Kampfsportgesellschaft wiederbelebt.

Kritik

Der Roman lässt sich wunderbar lesen. Das ich mehr als 100 Seiten an einem Tag schaffe, ist tatsächlich selten und der Tatsache geschuldet, dass das hier zwar inhaltlich ein herrliches Nichts ist, aber das wirklich gut erzählt. Die beiden Gruppen aus den beiden Kneipen wechseln sich ab; 1-2 Seiten die eine Seite mit Frank Lehmann, dann wieder die „Österreicher“ mit ihrer Intimfrisur. Überhaupt die sexuellen Anspielungen eher infantil und doch komisch, die Musik spielt eine wichtige Rolle, am Ende wird es dramatisch. Und was bleibt den LeserInnen im Gedächtnis? Entscheidet selbst…

Sven Regener ist Musiker (Element of Crime) und Schriftsteller. Er wurde 1961 in Bremen geboren und zog 1982 nach Berlin. Seine Romane „Herr Lehmann“ (2001), „Neue Vahr Süd“ (2004), „Der kleine Bruder“ (2008), „Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt“ (2013) und „Wiener Straße“ (2017) waren allesamt Bestseller. Sie wurden verfilmt und in viele Sprachen übersetzt. „Glitterschnitter“ hat 472 Seiten und ist im Galiani Berlin Verlag am 9. September erschienen.

Bewertung: 7,9/10 Punkten

Spannung: 2/4 – Action: 2/4 – Humor: 2/4 – Erotik: 1/4 – Anspruch: 3/4