Und morgen die ganze Welt

„Polit“-Drama

Inspiriert von eigenen Erlebnissen, hat Julia von Heinz zusammen mit John Quester das Drehbuch zu „Und morgen die ganze Welt“ geschrieben. In der Hauptrolle fasziniert Mala Emde („303“, „Charité“) als kämpferische junge Frau, die im Sturm und Drang der Gefühle vor radikalen Entscheidungen steht. An ihrer Seite erweisen sich Noah Saavedra („Freud“), Tonio Schneider und Luisa-Céline Gaffron („Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“) als nicht minder aufregende Entdeckungen. Der Film lief im Wettbewerb der 77. Internationalen Filmfestspiele in Venedig und eröffnete die Hofer Filmtage. Es ist ein Film über Politisierung junger Menschen, wie es wohl bei vielen geschieht, egal in welche Richtung. Doch dieser Film geht weiter, ist sehr aktuell und vor allem sehr emotional. Eine junge Frau verliert sich in ihren Ansichten, ihren Wünschen, erliegt dem Rausch der Radikalisierung.

Inhalt

Luisa (Mala Emde) ist 20 Jahre alt, stammt aus gutem Haus, studiert Jura im ersten Semester. Und sie will, dass sich etwas verändert in Deutschland. Alarmiert vom Rechtsruck im Land und der zunehmenden Beliebtheit populistischer Parteien, tut sie sich mit ihren Freunden zusammen, um sich klar gegen die neue Rechte zu positionieren. Sie wohnt bei ihrer besten Freundin (Luisa-Céline Gaffron), die mit alternativ lebenden Menschen ökologisch, aber auch politisch aktiv ist. Schnell findet sie Anschluss bei dem charismatischen Alfa (Noah Saavedra) und dessen besten Freund Lenor (Tonio Schneider): Für die beiden ist auch der Einsatz von Gewalt ein legitimes Mittel, um Widerstand zu leisten, gegen Sachen, weniger gegen Menschen, aber da verschieben sich leider die Ansichten mit der Zeit. Bald schon überstürzen sich die Ereignisse. Und Luisa muss entscheiden, wie weit zu gehen sie bereit ist – auch wenn das fatale Konsequenzen für sie und ihre Freunde haben könnte. Schon beim ersten Einsatz wird sie verletzt, macht etwas, was Konsequenzen haben dürfte.

Kritik

Der Film ist auf emotionaler Ebene schwer zu ertragen. Die Protagonistin dreht immer weiter am Rad, obwohl sie selbst unter ihren Einmischungen leidet. Der Rausch der Gewalt, die Macht, die Selbstbestätigung, eventuell die Anerkennung durch einen Typen. Diese Frau macht vieles durch in kürzester Zeit, aber wird sie die Kurve kriegen oder zur nächsten „RAF“-Terroristin mutieren? Den Begriff Antifa hatte ich ewig nicht mehr gehört, doch offensichtlich gibt es sie wieder; in einer radikaler und rechter werdenden Welt vermutlich notwendig. Aber bitte: keine Gewalt gegen Menschen! Der Film hat das Prädikat besonders wertvoll erhalten.

Im Bonusmaterial befinden sich die Hörfilmfassung, Interviews mit der Regisseurin und der Hauptdarstellerin sowie der Trailer und Filmtipps.

Und morgen die ganze Welt: D 2020; Regie: Julia von Heinz; Darsteller: Mala Emde, Noah Saavedra, Tonio Schneider, Luisa-Céline Gaffron, Andreas Lust, Nadine Sauter, Ivy Lissack, Hussein Eliraqui, Victoria Trauttmansdorff, Michael Wittenborn; FSK: ab 12 Jahren; Dauer: 107 Minuten; Sprachen: Deutsch 5.1; Untertitel: Deutsch; Bild: 2,35:1 (16:9 anamorph widescreen); Vertrieb: ©Alamode Film / Alive. Veröffentlichung Verkauf: 12. März 2021.

Bewertung: 7,9/10 Punkten

Spannung: 2/4 – Action: 2/4 – Humor: 2/4 – Erotik: 2/4 – Anspruch: 3/4