Knut Hamsun – Hunger

Drama

Deutsche Referenzausgabe nach der Erstfassung von 1890 unter Berücksichtigung des im Januar 2022 erschienenen Kommentars der Dänischen Sprach- und Literaturgesellschaft (Det Danske Sprog- og Litteraturselskab). Ein Klassiker von 1890 wird neu übersetzt. Die Lesenden fragt sich warum? Warum gerade dieses Werk? Was ist der Grund, dass sich der Übersetzer Ulrich Sonnenberg gerade diesem Buch widmet. Hamsun schildert in diesem Buch einen jungen Mann, der tagtäglich um sein Überleben kämpfen muss. Sein Protagonist lebt in Extremen: von Minderwertigkeitsgefühlen zu Überheblichkeit, von Verzweiflung zu Größenwahn. Ist er doch arbeitslos – er möchte eigentlich Schriftsteller werden, doch es gelingt ihm selten ein paar Zeilen zu schreiben, durch die er dann einen kleinen Betrag zum Leben erhält- ideenlos, mittellos und obdachlos. Wie ein Hund wird er immer nur herumgeschubst. Er trifft selten auf Verständnis, Anerkennung oder gar Zuneigung. Wie erträgt ein Mensch solch ein Leben? Die Leser erlebt die Höhen und Tiefen des Protagonisten, das ständige Auf und Ab bis hin zum Fieberwahn ohne Essen, ohne Wärme im winterlichen Norwegen.

Inhalt

Hunger von Knut Hamsun

Ein junger Mann irrt durch eine Stadt, ohne Ziel und Daseinszweck, körperlich ausgezehrt, doch «vom fröhlichen Wahnsinn des Hungers gepackt». Das ist es, was ihn aufrecht hält: ein irrlichternder Geist, ein seismografisches Empfinden, eine fantastische Erfindungs- und Einbildungskraft. Den Kapriolen seiner halluzinatorischen Zustände verdankt der weltberühmte Roman jene ungeheure Komik, die schon Astrid Lindgren begeisterte. Nicht, was in ihm geschildert wird – nämlich die manischen Ausgeburten von «Hirnfieber» bei Nahrungsentzug –, sondern, wie diese existenzielle Grenzerfahrung gestaltet ist, macht ihn zu einem Meilenstein der literarischen Moderne. Der desolaten Verfassung des Ich-Erzählers entspricht ein fiebriger Sprachduktus, der Scham und Größenwahn, Verzweiflung und Überspanntheit nicht nur behauptet, sondern erstmals eine eigene radikale Erzählweise dafür findet. Über weite Strecken im inneren Monolog gehalten, entwickelt Hamsun hier Stilmittel, die Jahrzehnte später Marcel Proust, James Joyce oder Virginia Woolf aufgreifen werden. Nie zuvor oder danach sind Entbehrung und Hunger – der nach Brot wie der nach Anerkennung und Liebe – mit so ergreifender Tragikomik wiedergegeben worden wie im Hauptwerk des späteren Nobelpreisträgers.

Kritik

Der Protagonist wird ein Meister, sich selbst und anderen immer neu etwas vorzumachen, teils aus Scham aber auch im Wahn. Wird hier auch ein Stück weit der Daumen über den Umgang unserer materiellen, leistungsorientierten Welt mit Obdachlosen oder am Rand der  Gesellschaft stehenden Menschen in die Wunde gelegt?

Ein interessantes Werk in anspruchsvoller Sprache, aber auch ekelerregenden Szenen auf etwa 250 Seiten, lesenswert!

Knut Hamsun (1859–1952), Sohn eines Schneiders und Landpächters, wuchs zweihundert Kilometer nördlich des Polarkreises auf. Ausgedehnte Reisen führten ihn bis nach Amerika und in den Orient, ehe er vor dem Ersten Weltkrieg schließlich in seine Heimat Norwegen zurückkehrte. 1920 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. Bei Manesse sind von ihm der Roman «Pan» und der Erzählband «Die Königin von Saba», beide in Neuübersetzung, erschienen. „Hunger“ (O:Sult), übersetzt von Ulrich Sonnenberg hat 250 Seiten und ist im Manesse Verlag am 23. Januar 2023 erschienen.

Bewertung: 7,9/10 Punkten

Spannung: 2/4 – Action: 2/4 – Humor: 1/4 – Erotik: 1/4 – Anspruch: 3/4