Im Kino: Eine moralische Entscheidung

Drama / Moralisches Dilemma

„Eine moralische Entscheidung“ ist ein ebenso subtiles wie bewegendes Drama um Schuld und Verantwortung, Ehre und Gewissen, Verlust und Trauer, das eine persönliche Tragödie mit den komplexen Machtstrukturen der iranischen Klassengesellschaft verbindet. Durch den von einem Dritten verursachten Unfall prallen die Welten eines wohlhabenden Arztes und einer einfachen Arbeiterfamilie aufeinander. Am Ende ist jeder Täter und Opfer zugleich. Das Drama ist der zweite Spielfilm des 1976 in Teheran geborenen Filmemachers Vahid Jalilvand, zu dem er gemeinsam mit Ali Zarnegar auch das Drehbuch verfasste. Ihnen gelingt eine von einem glänzend besetzten Ensemble großartig gespielte Mischung aus psychologischem Drama mit Thrillerelementen und sozialrealistischem Gesellschaftsporträt, die den herausragenden Status des iranischen Films im Weltkino neben Werken von Regisseuren wie Asghar Farhadi („Nader und Simin“, „The Salesman“) und Jafar Panahi („Drei Gesichter“) erneut unter Beweis stellt.

Kinostart: Donnerstag, 20. Juni, Kino im Künstlerhaus

Inhalt

Als Kaveh Nariman bei einem nächtlichen Verkehrsunfall in Teheran ein Motorrad mit einer vierköpfigen Familie rammt, wird dabei der achtjährige Amir leicht am Kopf verletzt. Nariman, der als Gerichtsmediziner arbeitet,  möchte sichergehen, das es dem Jungen gut geht. Er drängt Amirs Vater Moosa, seinen verletzten Sohn direkt ins Krankenhaus zu bringen, bietet ihm sogar Geld als Entschädigung für alle Unkosten an, das dieser widerstrebend annimmt. Am nächsten Tag wird der Junge in Narimans Klinik zur Autopsie eingeliefert, er ist tot.

Dr. Nariman glaubt, dafür die Schuld zu tragen. Vorerst spricht er mit niemandem über sein Geheimnis. Seine ihm nahestehende Kollegin Dr. Sayeh Behbahani dagegen diagnostiziert eine Lebensmittelvergiftung als Ursache. Ist also doch Amirs Vater verantwortlich, der seinem Sohn verdorbenes Fleisch zu essen gab? In ihrer wütenden Trauer macht Leila ihrem Mann Moosa schwere Vorwürfe. Während Nariman fieberhaft versucht, die Wahrheit herauszufinden, sinnt Moosa auf Rache an den aus seiner Sicht Verantwortlichen…

Kritik

Der Iran steht momentan auf der politischen Agenda. Ein schwieriges Thema, der Konflikt mit den USA. Die Sanktionen und die gegenseitigen Angriffe. Wer stoppt die US-Amerikaner endlich? Filme aus dem Iran erhalten regelmäßig viel Lob in den Feuilletons, bei den Filmfestspielen. Doch wie gut sind sie wirklich? „Taxi Teheran“ ist sehr anstrengend, unter normalen filmischen Aspekten eher unterirdisch, während „Drei Gesichter“ schon besser ist. „The Salesman“ ist gut, „Huhn mit Pflaumen“ sowieso, „Nader und Simin“ eine familiäre Studie, ähnlich wie nun „Eine moralische Entscheidung“. Der Film überzeugt, so tragisch die Thematik auch ist.

Der Film „Eine moralische Entscheidung“ von Regisseur Vahid Jalilvand dauert 104 Minuten, ist ab 12 Jahren freigegeben und wird vom Farbfilm Verleih veröffentlicht. Ein Drama über ein verstorbenes Kind und die Frage nach der Schuld, individuell und gesellschaftlich. Schuld und Moral…

Bewertung: 7,8/10 Punkten

Spannung: 2/4 – Action: 2/4 – Humor: 1/4 – Erotik: 1/4 – Anspruch: 3/4