Karen Dionne – Die Rabentochter

(Psycho-)Thriller

Der erste Roman von Karen Dionne „Die Moortochter“ hat viele LeserInnen, darunter mich, beeindruckt. Ein Psychothriller über eine Frau, die die ersten zwölf Jahre ihres Lebens nicht wusste, dass sie in Gefangenschaft lebte. Stellt euch vor, dass ein Mann eine Jugendliche entführt und sie zu einem Leben im Moor zwingt. Gewalt und psychische Abhängigkeit lassen sie Gedanken an eine Flucht oder Widerstand verlieren. Die Beiden bekommen ein Kind und leben wie eine normale Familie lange, hart aber einigermaßen ordentlich, weiter. Bis der Tochter mit ihrer Mutter die Flucht gelingt. Gut ein Jahrzehnt geht die Geschichte weiter… Jetzt, drei Jahre nach diesem Erfolgsroman dürfen wir einen weiteren Psychothriller von der Autorin lesen. Mit „Die Rabentochter“ bleibt die Schriftstellerin in der Upper Peninsula. Wieder ist die Protagonistin eine junge Frau, die Traumatisches erlebt hat. Doch diesmal ist das Böse anders. Ein clever konstruierter Thriller, dessen Figuren aber zu unsympathisch erscheinen, abgesehen von der Protagonistin.

Inhalt

Fünfzehn Jahre ist es her, dass die damals 11-jährige Rachel Cunningham ihre Mutter erschoss. Ein tragischer Unfall – so ihre Erinnerung. Seither lebt Rachel freiwillig in einer psychiatrischen Klinik, ohne ihre Schuldgefühle je überwunden zu haben. Doch Trevor Lehto, ein Bekannter und angehender Journalist, möchte für eine Reportage mehr über den damaligen Fall herausfinden. Auch in Rachel, inzwischen 26 Jahre alt, erwacht der Wunsch, sich endlich der ganzen Wahrheit zu stellen. Wild entschlossen verlässt sie die Klinik und fährt mit Trevor zu ihrer Tante Charlotte und ihrer Schwester Diana, die im Elternhaus von Rachel und Diana leben, einem herrschaftlichen Jagdhaus. Damit begibt sich Rachel jedoch in höchste Gefahr, denn die beiden hüten ein tödliches Geheimnis. In Rückblicken erzählt und Jenny, die Mutter von Diana und Rachel, ihr Leben, mit ihrem Mann, mit vielen Verletzungen und voller Verzweiflung. Ihr Mann Peter und sie sind Forscher, wollen ein Leben an der Uni führen, doch ein Unfall, in den die Tochter Diana verwickelt sein könnte, lässt sie in die Abgeschiedenheit ziehen, in ein Haus im Nirgendwo, wo sie ihren Forschungen nachgehen können. Jenny erforscht das Leben von Bären, Peter kümmert sich um andere Tiere. Doch ihre größte Sorge bleibt die schwer erziehbare Diana, die völlig emotionslos andere quält, scheinbar aus reiner Neugier. Kann die Tochter geheilt werden, oder wird sie zur Gefahr und wie wird sie mit Rachel umgehen, der deutlich jüngeren Schwester?  

Kritik

Karen Dionne hat selbst, freiwillig, ein solches Leben in der Abgeschiedenheit mit einem Mann und Baby geführt. Sie kann es beurteilen, wie das Leben in der Wildnis ist, wie es ist autark zu leben. In diesem Roman sind die Zeichen klar, eine böse Tochter, die unbelehrbar und erziehbar ist, eine Psychopathin, oder ist das nur eine Annahme? Rachel muss sich endlich aus ihrer Isolation befreien, sich ihrer Erinnerung stellen. Doch das geschieht zu naiv. Ein spannender Roman mit starken Naturdarstellungen und Beschreibungen der Bären. Eine gute, aber unendlich naive Protagonistin und ein Drama, das ein unheimliches Ende finden wird.

Karen Dionne hat in jungen Jahren mit ihrem Mann und ihrer kleinen Tochter ein alternatives Leben in einer Hütte auf der Upper Peninsula geführt. Ihre damaligen Erfahrungen in der Wildnis hat sie nun in ihren außergewöhnlichen Psychothriller „Die Moortochter“ eingebracht. Heute lebt Karen Dionne mit ihrem Mann in einem Vorort von Detroit, wo sie an ihrem nächsten Psychothriller schreibt. „Die Rabentochter“ heißt im Original „The Wicked Sister“ wurde von Andreas Jäger übersetzt, hat 352 Seiten und ist im Goldmann Verlag am 16. November 2020 erschienen.

Bewertung: 7,9/10 Punkten

Spannung: 3/4 – Action: 2/4 – Humor: 1/4 – Erotik: 1/4 – Anspruch: 2/4